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Matthias Rößler - 8. August 2018

Das neue EU-Einheitspatent: Der Unterschied zum Europäischen Patent

Das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung (EU-Patent) unterscheidet sich maßgeblich von dem bekannten Europäischen Patent (EP-Patent).

Mit einem EU-Patent wird ein einheitlicher Patentschutz in allen teilnehmenden EU-Staaten gewährleistet. Hierfür wird auch ein einheitliches Gerichtssystem geschaffen, das über die in Europa übergreifend gültigen Patente hinsichtlich vermeintlicher Verletzungshandlungen in mehreren EU-Staaten zusammen entscheiden kann. Durch die Einführung des sog. Einheitspatents und des zugehörigen Gerichtssystems wird sich wohl auch in Deutschland die Strategie mittelfristig grundlegend verändern. Das Einheitspatent wird neben den nationalen Patenten und dem europäischen Patent bestehen.

Das bekannte Europäische Patent (EP-Patent)

Das EP-Patent kann auf dem Wege eines einheitliches Anmelde- und Erteilungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt erzielt werden. Das EP-Patent wird mit Wirkung für eine Vielzahl von Staaten des Europäischen Kontinents (derzeit 38) erteilt, wobei der Anmelder anschließend entscheiden muss, für welche Länder dieser Schutz effektiv eintreten oder aufrechterhalten werden soll. Dies lässt eine sehr umfassende sowie sehr selektive Auswahl von relevanten Staaten zu.

Das bekannte Patent-Gerichtssystem

Aktuell ist es so, dass ein einzelner nationaler Teil eines EP-Patents bzw. (nur) Verletzungshandlungen dieser Nation vor dem dort zuständigen Gericht beurteilt werden. Existieren grenzüberschreitend Verletzungshandlungen müssen separate Verfahren in allen Nationen geführt werden, die die Verletzung und den Rechtsbestand des nationalen Teils des EP-Patents prüfen. Dies wird teilweise als zu kostenaufwendig und ein zu vielen abweichenden Entscheidungen führendes Gerichtssystem angesehen.

Das Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung (EU-Patent) und Einheitsgericht

Bei dem Einheitspatent handelt es sich um ein Recht, das eine einheitliche Wirkung in den teilnehmenden EU-Staaten entfaltet. Über den Rechtsbestand insgesamt oder eine Verletzung eines Einheitspatents im gesamten Wirtschaftsraum sollen nunmehr neu geschaffene EU-Behörden bzw. EU-Gerichte entscheiden.

Die birgt die Chance, mit einem einheitlichen Verfahren grenzüberschreitende Patentverletzungsangelegenheiten gerichtlich entscheiden zu lassen. Gleichzeitig ist auch das Risiko höher, mit einem einzigen Verfahren das geltend gemachte Patent zu verlieren und damit den gesamten Wirtschaftsraum freizugeben.

Die geplanten Änderungen im europäischen Patentrecht würden bedeuten, dass in Zukunft die Anmelder eines Patents vor der Entscheidung stehen, ein nationales Patent, ein EP-Patent oder ein EU-Patent anzumelden. Das bedeutet auch, dass deutsche und europäische Unternehmen ihre Patentportfoliostrategien dahingehend ausrichten bzw. anpassen müssen.

Über Matthias Rößler:



Matthias Rößler, Patentanwalt und European Patent Attorney seit 2003, studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen. Er ist Mitgründer von karo IP. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Betreuung großer Patentportfolien und der Durchführung von zweiseitigen Rechtsbestandsverfahren vor Patentämtern und Patentgerichten, wobei seine Zusatzqualifikation als Master of Laws (LL.M.) ihn besonders für multinationale Verletzungsangelegenheiten in Europa qualifiziert.

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