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Justus Kreuels - 16. September 2021

Kostenoptimierte Anmeldestrategien für Europa

Kosten eines Europäischen Patents

Während der Lebenszeit eines Europäischen Patents treten verschiedene Kostenblöcke auf, die grob wie folgt strukturiert werden können:

  • Kosten für die Erstellung der Anmeldung
  • Kosten für das Erteilungsverfahren (Amtliche Gebühren und Anwaltsgebühren)
  • Validierungskosten zur Aktivierung des Patents in den einzelnen Ländern
  • eventuell Kosten zur Verteidigung des Patents in einem möglichen Einspruchsverfahren
  • Kosten für Jahresgebühren

Gebühren eines Europäischen Patents: Von der Anmeldung bis zur Erteilung

Neben der Anmeldegebühr und der Recherchegebühr, sind auch Benennungsgebühren und Anspruchsgebühren (bei mehr als 15 Patentansprüchen), sowie eine Prüfungs-/ Erteilungs- und Veröffentlichungsgebühr zu bezahlen. Realistisch ist ein Kostenansatz von 5.000 EUR für die Erstellung eines Anmeldeentwurfs sowie ein Kostenansatz von z.B. 10.000 EUR für die Führung eines Europäischen Patentanmeldeverfahrens.

Kosten zur Verteidigung eines Patents in einem Einspruchsverfahren

Die Kosten für die Verteidigung eines Patents fallen nur an, wenn tatsächlich ein Einspruch gegen das Patent erfolgt. Sie sind im Vorhinein sehr schwer abzuschätzen: Sie hängen stark von der Komplexität des Patents, der Angriffe auf das Patent sowie von der Intensität der Verteidigung ab.

Ein Budget ab 10.000 EUR ist eine realistische Größenordnung. Die Kosten können auch sehr viel höher ausfallen, insbesondere, wenn z.B. parallel bereits eine Durchsetzung des Patents stattfindet.

Validierungskosten und Jahresgebühren

Schwerpunkt dieses Blogartikels ist die Beleuchtung der Kosten für die Validierung eines Europäischen Patents sowie die Kosten für die Jahresgebühren. Die Höhe dieser Kosten hängt sehr stark davon ab, in wie vielen Ländern das Europäische Patent validiert, d.h. in Kraft gesetzt wird. Durch eine vorausschauende Validierungsentscheidung kann hier viel Geld gespart werden.

Validierungskosten zur Aktivierung eines Patents in einzelnen Ländern

Die Validierungskosten sind aufzuteilen in Kosten für Anwalts- und Amtsgebühren sowie Kosten für erforderliche Übersetzungen. Für die Validierung in allen 38 Ländern des Europäischen Patentübereinkommens fallen für ein Patent mit einem durchschnittlich langen Text Kosten von ca. 50.000 EUR an.

Die Kosten zur Aufrechterhaltung eines Europäischen Patents in allen 38 Ländern des Europäischen Patentübereinkommens für die gesamte Patentlaufzeit von 20 Jahren belaufen sich auf ca. 250.000 EUR. Daraus resultieren in Summe Kosten in Höhe von ca. 300.000 EUR.

Kostenoptimierte Anmeldestrategien

Aus diesem Grund ist es in den allermeisten Fällen sinnvoll, ein Europäisches Patent nur in den Ländern Europas anzumelden, in denen entweder ein günstiges Verhältnis von Schutzwirkung und Kosten existiert oder in denen besondere Gründe für einen Patentschutz existieren (z.B. eine eigene Produktionsstätte oder die Produktionsstätte eines Wettbewerbers).

Zusätzlich sollte betrachtet werden, wann die Kosten anfallen. Während die Kosten für die Validierung direkt mit der Patenterteilung anfallen, fallen die Kosten für Jahresgebühren erst im Laufe der Patentlaufzeit und vor allem gegen Ende der Patentlaufzeit an.

Länder, die günstig in der Validierung, aber teuer in den Jahresgebühren gegen Ende der Patentlaufzeit sind, können eventuell zunächst validiert und dann rechtzeitig aufgegeben werden, bevor sich die Jahresgebühren stark auf die Gesamtkosten für das Patent auswirken.

Günstig in der Validierung sind vor allem Länder, die Teil des Londoner Übereinkommens sind, denn durch dieses wurden Übersetzungs- und Vertretungserfordernisse stark reduziert.

Zusammenhang zwischen BIP/ Einwohnerzahl und Validierungskosten

Um eine gewisse Vergleichbarkeit der Kosten für die Validierung und Jahresgebühren in den einzelnen Ländern zu erreichen, kann man die Kosten mit dem jeweiligen Bruttoinlandsprodukt sowie der Einwohnerzahl der einzelnen Länder in Zusammenhang setzen.

Legt man z.B. Deutschland als Vergleichsmaßstab zu Grunde, zeigt sich, dass nur die Länder Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien, Polen und Türkei in einer ähnlichen Größenordnung liegen. Das könnte ein erster Ansatz für ein sinnvolles Länderspektrum sein, weil mit diesen Ländern bereits ein Großteil des Europäischen Marktes abgedeckt werden kann. Die Gesamtkosten für Validierung und Jahresgebühren über 20 Jahre für dieses Länderspektrum liegt bei 50.000 EUR.

Insbesondere kleinere Länder wie Albanien, Slowenien, Finnland oder die baltischen Staaten sind im Verhältnis pro Einwohner und BIP sehr teuer. Es ist empfehlenswert, in diesen Ländern ein Europäisches Patent tatsächlich nur zu validieren und aufrechtzuerhalten, wenn dafür ein konkreter Anlass (z.B. eine dort lokalisierte Betriebsstätte oder ein Wettbewerber) besteht.

Übersicht der Jahres-Amtsgebühren aller Europäischen Länder

Wir stellen Ihnen gerne eine Übersicht mit den Jahres-Amtsgebühren aller Europäischen Länder zur Verfügung. Möchten Sie sich einen Überblick verschaffen, kontaktieren Sie gerne Patentanwalt Justus Kreuels per Email.

Für unsere Mandanten erstellen wir unter Berücksichtigung aller Kosten - und inklusive der individuellen Übersetzungs- und Anwaltskosten - Forecasts für die Kosten eines Europäischen Patents, die eine unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten optimierte Strategie zur Validierung und Aufrechterhaltung ermöglicht. Sprechen Sie uns gerne an.

Über Justus Kreuels:



Justus Kreuels, Patentanwalt und European Patent Attorney seit 2011/2012, studierte Maschinenbau an der Technischen Universität München (TUM) und an der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH). Er ist Mitgründer von karo IP. Er setzt sich verstärkt für die Durchsetzung von Schutzrechten aus dem Bereich Mobilfunk, Internet of Things (IoT), Robotik, etc. in Deutschland ein.

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