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Matthias Rößler - 15. Februar 2018

FAQ - Gebrauchsmuster

Gebrauchsmuster, ursprünglich 1891 als die kleine Schwester vom eigentlichen Patent vorgestellt, um kleinere Erfindungen zu schützen, ist heute eine intelligente und kostengünstige Möglichkeit geworden, einen schnellen und patentähnlichen Schutz zu schaffen.

Im Vergleich zu einem Patentanmeldeverfahren ist die Registrierung eines Gebrauchsmusters wesentlich einfacher und schneller. Während eine Patentanmeldung gut und gerne einige Jahre in Anspruch nehmen kann, erfordert die Registrierung eines Gebrauchsmusters weder ein Prüfungsverfahren, noch die Überprüfung des zu schützenden Objekts. Somit kann eine Gebrauchsmusterregistrierung in 2-4 Wochen abgeschlossen werden. Ähnlich der Patentanmeldung muss ein Gebrauchsmuster beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) registriert werden. Dies bedeutet, dass das Gebrauchsmuster nur in der Bundesrepublik Deutschland gültig ist.

Schutzgegenstand

Obwohl das Deutsche Gebrauchsmusterübereinkommen eine Liste der nicht schützbaren Gegenstände - wie z.B. Erfindungen, welche die öffentliche Sitte und Ordnung gefährden, Verfahren, Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien, mathematische Methoden, ästhetische Formschöpfungen, Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen und die Wiedergabe von Informationen - herausgibt, muss die Erfindung den Richtlinien der Neuheit und des erfinderischen Schrittes entsprechen; obwohl es dafür vom Gesetzgeber keine klare Definition gibt.

Neuheit

Einer der vielen Vorteile eines Gebrauchsmusters ist, dass es Produkte schützen kann, die von einem Patentschutz nicht erfasst werden könnten. Dies berücksichtigend wird deutlich, dass die strenge Neuheitsregelung, die für die Erteilung eines Patents gilt, nicht zwingende Vorschrift für die Registrierung eines Patents ist. Im Falle einer Gebrauchsmusteranmeldung gilt nur als Stand der Technik, was in Deutschland oder weltweit schriftlich veröffentlicht wurde oder was in Deutschland bereits in öffentlichem Gebrauch vor dem Anmeldedatum war. Das heißt, dass frühere öffentliche und mündliche Beschreibungen, bezogen auf die Gebrauchsmusterregistrierung, keinen Einfluss haben.

Erfinderischer Schritt

Das Deutsche Gebrauchsmusterrecht besagt, dass eine Erfindung zumindest einen „erfinderischen Schritt“ beinhalten muss. Eine Definition dessen ist jedoch nicht gegeben. Aus früheren Gerichtsentscheidungen und aufgrund von Fachliteratur wurde lange Zeit vermutet, dass es einen qualitativen Unterschied zwischen dem „erfinderischen Schritt“ eines Gebrauchsmusters und der „erfinderischen Tätigkeit“ eines Patents gab. Jüngste Entscheidungen der Gerichte zeigen jedoch, dass sowohl der „erfinderische Schritt“ als auch die „erfinderische Tätigkeit“ in gleichem Maße als Beitrag zu einer Erfindung gewertet werden.

Prioritätsregelungen

Gemäß Artikel 4 der Pariser Verbandsübereinkunft, ist das auch deutsche Gebrauchsmuster zu Priorität berechtigt. Dies ermöglicht, dass ein deutsches Gebrauchsmuster die Priorität gegenüber einem ausländischen Patent bis zu 12 Monate nach der Anmeldung beanspruchen kann. Es kann sogar bei einer Anmeldung eines neueren Patents auf die sogenannte „innere Priorität“ zurück gegriffen werden. Was bedeutet, dass die Priorität einer der früheren - durch den gleichen Anmelder eingereichten - Patentanmeldung genutzt werden kann, um das Gebrauchsmuster anzumelden. Davon abgeleitet ist also zu vermerken, dass jede frühere deutsche Patentanmeldung als die Priorität eines neueren Patents oder einer neueren Gebrauchsmusteranmeldung dienen kann. Das bezieht sich auch auf Europäische Anmeldungen und PCT Anmeldungen, die sich auf Deutschland beziehen. Auch kann die Anmeldung eines Gebrauchsmusters als eine kosteneffektive Finte genutzt werden, um für ein später angemeldetes Patent als Priorität genutzt zu werden.

Abzweigen

Eine weitere Option, die im Deutschen Gebrauchsmusterrecht verankert ist, ist die Möglichkeit des Abzweigens eines unabhängigen Gebrauchsmusters von einem noch bestehenden Patent (mit Wirkung in Deutschland, PCT und Europa). Diese Option steht jedoch nur innerhalb von 10 Jahren nach Anmeldung des Patents und spätestens 2 Monate, nachdem das Patent registriert wurde, offen. Ausgenommen, das Patent wurde in der Zwischenzeit nicht zurückgewiesen. Das Gebrauchsmuster hat eine maximale Laufzeit von 10 Jahren. Um eine schnelle Registrierung des Gebrauchsmusters zu garantieren, bekommt dieses das Anmeldedatum des bereits registrierten Patents. Das hat auch zur Folge, dass das Gebrauchsmuster bereits öffentlich präsentiert werden kann, bevor die Patentanmeldung vollständig abgeschlossen ist.

Anmeldung

Die Anmeldung für ein Gebrauchsmuster erfordert eine Einheit. Diese verbindliche rechtliche Formulierung sichert, dass unterschiedliche Erfindungen eine einzelne Gebrauchsmusteranmeldung einreichen müssen. Sollte dies nicht während des Anmeldeverfahrens erreicht werden, so bedeutet dies nicht zwingend die Löschung des Gebrauchsmusterantrages, sondern ist vielmehr eine Anmeldehürde, die in Angriff genommen werden muss.

Die Gebrauchsmusteranmeldung muss eine Anfrage auf Eintragung in das Gebrauchsmusterregister beinhalten, den Namen des Anmelders, einen Anspruch (um den Umfang des Gebrauchsmusters zu definieren) und eine Beschreibung der Erfindung (Zeichnungen und Darstellungen der Erfindung). Die Anmeldung muss nicht zwangsläufig auf Deutsch eingereicht werden. Ein Antrag kann auch in einer Fremdsprache eingereicht werden, solange die übersetzte deutsche Version innerhalb von 3 Monaten nachgereicht wird.

Änderungen innerhalb der Anmeldung sind solange möglich, wie der Registrierungsprozess noch nicht abgeschlossen ist und diese nicht die Erfindung an sich verändern oder dessen Umfang erweitern.

Einschränkungen der Anmeldung können sogar noch nach der Registrierung des Gebrauchsmusters vorgenommen werden; durch ein Einreichen neuer Ansprüche.

Desweiteren bestimmt - wie bei der Patentanmeldung - der Eingang der Anmeldung den Prioritätsstatus. Ein Rechercheantrag kann durch jede dritte Partei gestellt werden oder durch den Anmelder selbst. Ausstehende Anträge haben hierauf keinen Einfluss.

Offizielle Gebühren

Die Registrierungsgebühren des Deutschen Patent– und Markenamtes (DPMA) sind derzeit wie folgt:

40 € für die Anmeldung
30€ wenn elektronisch eingereicht
250€ für einen Recherchebericht
210€ für die Aufrechterhaltung über 4 bis 6 Jahre
350€ für die Aufrechterhaltung über 7 bis 8 Jahre
530€ für die Aufrechterhaltung von 9 und 10 Jahren

Löschung des Gebrauchsmusters (GBM)

Die Zuständigkeit bei einer Löschung eines GBM liegt bei einer bestimmten Abteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes. Der Senat des Bundespatentgerichtes ist hingegen zuständig für Fällen bezüglich erstinstanzlicher Einsprüche. Anhörungen finden nur in Löschungsverfahren statt.

Ein Löschungsantrag kann von jedermann beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht werden. Ein Grund für die Einreichung eines Löschungsantrags kann z.B. das Fehlen der essentiellen GBM Bedingungen sein (Neuheit, erfinderischer Schritt, etc.) oder die Überschneidung mit einem bereits bestehenden Patent.

Verletzung

Im Falle einer Verletzung des GBM ist der Inhaber dazu berechtigt, sowohl Entschädigung als auch ein Unterlassen der Herstellung des fraglichen Produkts und Vernichtung des Produkts von der verletzenden Partei zu verlangen. Auch Auskunft über den Umfang der Verletzung des Patents oder GBM kann verlangt werden. Ähnlich dem Patent schafft das GBM ein ausschließliches Nutzungsrecht für den GBM-Inhaber, was jegliche Nutzung durch Drittbenutzer untersagt.

Der Schutzumfang des Gebrauchsmusters wird durch den Inhalt der Ansprüche definiert. Die Darstellungen und Beschreibungen, die mit der GBM Anmeldung eingereicht werden, dienen desweiteren dazu, den Inhalt der Ansprüche zu konkretisieren. Im Falle eines Verletzungsverfahrens kann der Inhaber des GBM entscheiden, welche der Ansprüche zur genaueren Betrachtung herangezogen werden sollen.

Spezialisierte zivilrechtliche Abteilungen der 12 Landkreise, die sich um Patentverletzungsverfahren kümmern, nehmen sich auch Verletzungsklagen von GBM an. Da das GBM im Vergleich zum Patent kein Untersuchungsverfahren durchlaufen muss, um genehmigt zu werden, prüft das Verletzungsgericht zusätzlich noch die Gültigkeit des GBM unabhängig von Löschungsverfahren.

Über Matthias Rößler:



Matthias Rößler, Patentanwalt und European Patent Attorney seit 2003, studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen. Er ist Mitgründer von karo IP. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Betreuung großer Patentportfolien und der Durchführung von zweiseitigen Rechtsbestandsverfahren vor Patentämtern und Patentgerichten, wobei seine Zusatzqualifikation als Master of Laws (LL.M.) ihn besonders für multinationale Verletzungsangelegenheiten in Europa qualifiziert.

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