BLOG

Justus Kreuels - 17. Januar 2022

Vertraulichkeitsvereinbarungen

Nicht selten kommt es vor, dass der Erfinder schon vor der Einreichung einer Patentanmeldung mit Geschäftspartnern (z.B. potentiellen Produzenten von Einzelteilen einer neuen Erfindung), potentiellen Kunden oder Beratern über die Erfindung sprechen muss.

Ohne eine vereinbarte Geheimhaltungserklärung kann eine Erfindung durch solche Gespräche bereits öffentlich werden und ist damit nicht mehr schutzfähig. Dies zeigt die Notwendigkeit einer schriftlichen Vertraulichkeitsvereinbarung.

NDA als Schutz vor Weitergabe vertraulicher Informationen

Allerdings empfiehlt es sich häufig, auch nach einer erfolgten Patentanmeldung eine Erfindung nur im Rahmen einer vereinbarten Vertraulichkeit Dritten gegenüber zu offenbaren. Dies gilt insbesondere für den Zeitraum bis zur Veröffentlichung der Patentanmeldung.

Denn: Vor der Veröffentlichung der Patentanmeldung kann diese nur beschränkt als Stand der Technik gegenüber jüngeren Patentanmeldungen eingereicht werden. Hierdurch entsteht die große Gefahr, dass Wettbewerber die Idee als Ausgangsbasis nehmen, detaillierter durchdenken als der ursprüngliche Erfinder und dann noch Patente für geringe Abwandlungen anmelden – für die Umsetzung notwendiger Weiterentwicklungen. Durch ein geeignetes NDA kann dies vermieden werden.

Gemeinsam mit der Offenbarung einer Erfindung oder Idee werden im Zuge von Gesprächen mit Geschäftspartnern häufig auch eine ganze Reihe von weiteren Informationen ausgetauscht, wie beispielsweise die Informationen über mögliche andere Geschäftspartner, Zulieferer, Kosten oder geplante Einsatzmöglichkeiten für die Erfindung. Auch dies können kritische Informationen sein, für die die Vertraulichkeit von großer Bedeutung ist. Häufig soll ein NDA auch den Schutz genau solcher Informationen bewirken.

Einseitige vs. zweiseitige Vertraulichkeitsvereinbarungen

Grundsätzlich kann zwischen einseitigen und zweiseitigen Vertraulichkeitsvereinbarungen unterschieden werden. Einseitige Vertraulichkeitsvereinbarungen empfehlen sich immer dann, wenn nur ein Partner vertrauliche Informationen erhält. Ein typischer Fall wäre beispielsweise eine Vereinbarung mit einem Reinigungsunternehmen, welches bei der Arbeit – gegebenenfalls auch ungewollt – in Kontakt mit vertraulichen Informationen seines Auftraggebers gerät. Ein anderer Fall wäre die Übermittlung einer Patentanmeldung an einen Business-Berater, der prüfen soll, ob er die Patentanmeldung grundsätzlich für geeignet hält, um sie möglichen Lizenznehmern anzubieten.

Unter Partnern, die gemeinsam die Entwicklung und Umsetzung einer Erfindung vorantreiben möchten, sind zweiseitige Vertraulichkeitsvereinbarungen üblich, in denen sich die Partner gegenseitig Vertraulichkeit für die einander übergebenen vertraulichen Informationen versprechen. Solche Vereinbarungen haben aus psychologischer Sicht auch den Vorteil der Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen den Partnern. Solche Aspekte können immer dann wichtig sein, wenn die Vertraulichkeitsvereinbarung der Startpunkt einer längerfristig angelegten Kooperation sein soll, in der dann später eventuell auch Forschungs- und Entwicklungsverträge, Lieferverträge etc. vereinbart werden.

Ein häufiges praktisches Problem bei abgeschlossenen Vertraulichkeitsvereinbarungen ist, dass nicht klar bzw. streitig ist, welche Informationen tatsächlich unter Vertraulichkeit ausgetauscht wurden. Eine Präambel, die kurz und knapp ein gemeinsames Projekt definiert, kann hier die Lösung sein. Es ist aber auch möglich, auf den Inhalt von eingereichten Patentanmeldungen zu verweisen, um die offenbarten Gegenstände zu definieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Inhalt der Patentanmeldungen ohnehin besprochen bzw. offenbart wird.

Vertragsstrafen als Bestandteil eines NDA

Ein weiterer Punkt, der oft zum Gegenstand von Vertraulichkeitsvereinbarungen/NDAs gemacht wird, sind Vertragsstrafen, die fällig werden, sofern einer der Partner die Vertraulichkeit – beabsichtigt oder auch unbeabsichtigt – bricht.

Der Wunsch nach Vertragsstrafen ist häufig nachvollziehbar, denn der Nachweis von konkreten Schäden, die kausal auf den Bruch einer Vertraulichkeitsvereinbarung zurück gehen, ist meist ausgesprochen schwierig. Trotzdem ist unsere Erfahrung, dass es gut überlegt sein muss, ob daseinem Geschäftspartner auferlegt werden sollte.

Zunächst stellt sich die Frage, ob ein Geschäftspartner, dem man wenig vertraut und mit dem man ohne ein solches Vertragsstrafeversprechen keine Kooperation eingehen möchte, überhaupt der Richtige ist. Darüber hinaus ist es ausgesprochen schwierig, einem Vertragspartner ein Vertragsstrafeversprechen einseitig aufzuerlegen. Normalerweise wird ein Partner fordern, dass ein solches Versprechen dann gegenseitig zu erteilen ist.

Entwicklung von Patentstrategien

In der Praxis weckt ein Vertragsstrafeversprechen häufig Begehrlichkeiten, die schnell zu Streit führen können – insbesondere, wenn nicht klar ist, ob eine Information tatsächlich innerhalb der vereinbarten Vertraulichkeit oder auf anderem Wege zum anderen Partner gelangt ist.

Tendenziell empfehlen wir, eher von Vertragstrafen in NDAs Abstand zu nehmen. Mit einer im Vorfeld gut abgestimmten Patentstrategie und der gezielten Offenbarung von nur wirklich notwendigen Informationen kann vermieden werden, dass es überhaupt zu einem Bruch der Vertraulichkeit bzw. zu Schäden durch den Bruch eines NDAs kommen kann.

Zu Vertraulichkeitsvereinbarungen und NDAs gibt es umfangreiche juristische Literatur, die viele weitere Aspekte beleuchtet. Es sind online bei verschiedenen Anbietern auch Muster für Vertraulichkeitsvereinbarungen verfügbar. Diese zu nutzen ist besser als keine Vereinbarung abzuschließen.

Wenn es darum geht, die strategischen und psychologischen Aspekte einer konkreten Kooperation richtig abzudecken, stehen die Patentanwälte von karo IP Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Über Justus Kreuels:



Justus Kreuels, Patentanwalt und European Patent Attorney seit 2011/2012, studierte Maschinenbau an der Technischen Universität München (TUM) und an der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH). Er ist Mitgründer von karo IP. Er setzt sich verstärkt für die Durchsetzung von Schutzrechten aus dem Bereich Mobilfunk, Internet of Things (IoT), Robotik, etc. in Deutschland ein.

>> Zum Anwaltsprofil

>> zurück zum Blog

Weitere Blogartikel:

Designschutz: Europäisches Design vs. US Design Patent
Justus Kreuels - 5. Dezember 2023

Slogans als (EU-) Marke schützen
Matthias Rößler - 6. Oktober 2023

IP Compliance
Justus Kreuels - 6. September 2023

Unified Patent Court: Aktuelle Entwicklungen
Matthias Rößler - 20. Juli 2023

Künstliche Intelligenz und Patentrecht
Justus Kreuels - 19. Mai 2023

Metaverse: Markenanmeldungen von virtuellen Waren
Matthias Rößler - 1. März 2023

Einspruch gegen erteilte Patente
Justus Kreuels - 26. Januar 2023

Produktpiraterie im Onlinehandel
Matthias Rößler - 14. Dezember 2022

IP Due Diligence
Justus Kreuels - 3. November 2022

Die Überwachung eingetragener Marken
Matthias Rößler - 26. September 2022

Übertragung von Schutzrechten: Umschreibungsverfahren vor dem Patentamt
Justus Kreuels - 29. August 2022