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Matthias Rößler - 16. Dezember 2021

Grenzbeschlagnahme durch den Zoll

Das Beschlagnahmeverfahren der Europäischen Gemeinschaft

Ein Verfahren zur Beschlagnahme von Waren durch die Zollbehörden beschränkt sich grundsätzlich auf in die EU ein- oder ausgeführte Waren. Hat der Schutzrechtsinhaber einen begründeten Verdacht, dass Plagiate an den EU-Grenzen eingeführt werden, kann ein Antrag beim Zoll gestellt werden, in dem idealerweise auch ausgeführt wird, wie sich die Originalware von der Fälschung unterscheidet.

Werden Fälschungen zufällig von den Behörden entdeckt, informiert der Zoll den Schutzrechtsinhaber. In diesem Fall muss der Schutzrechtsinhaber innerhalb von 10 Tagen den Antrag stellen, der rückwirkend Gültigkeit hat.

Was passiert mit den beschlagnahmten Waren?

Was mit den beschlagnahmten Waren passiert, wenn die Schutzrechtsverletzung erwiesen ist, kann der Schutzrechtsinhaber mit entscheiden. Gegen die Vernichtung von Waren steht den Lieferanten und Händlern ein Widerspruchsrecht zu.

Erfolgt der Widerspruch nicht in der dafür vorgesehenen Widerspruchsfrist, wird das als Einverständnis zur Vernichtung der gefälschten Waren gewertet. In den meisten Fällen werden die Waren vernichtet, nachdem der Schutzrechtsinhaber und der Besitzer der Ware der Vernichtung zugestimmt haben. Im Jahr 2020 wurde mit rund 83% der von den Zollbehörden eingeleiteten Beschlagnahmeverfahren so verfahren. (Quelle: EUIPO, 11/21)

Waren werden nach Beschlagnahmung wieder freigegeben, wenn seitens des Rechteinhabers keine Reaktion auf die Mitteilung des Zolls erfolgt oder wenn es sich nachweislich um Originalware handelt, was im Jahr 2020 in ca. 10% der Fälle geschehen ist.

Das dritte Szenario (im Jahr 2020 mit 7% ermittelt) ist, dass ein Gerichtsverfahren oder ein Strafverfahren eingeleitet wird. Es kommt auch vor, dass eine Einigung zwischen Schutzrechtsinhaber und Besitzer der Ware erzielt werden kann.

Kosten im Zusammenhang mit Beschlagnahmeverfahren

Der Zoll erhebt keine Kosten für die Beantragung eines Verfahrens zur Beschlagnahme von Waren, die im Verdacht stehen, Rechte am geistigen Eigentum zu verletzen.

Der Schutzrechtsinhaber ist für den Nachweis der Schutzrechtsverletzung verantwortlich. Der Zoll hat die Aufgabe, die vermeintlich gefälschten Waren zu beschlagnahmen und sie auf diesem Wege so lange aus dem Verkehr zu ziehen, bis seitens des Schutzrechtsinhabers die Schutzrechtsverletzung nachgewiesen wurde.

Die Kosten für die Lagerung und Vernichtung beschlagnahmter Waren, die der Schutzrechtsinhaber erst einmal vorstrecken muss, kann er im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs vom Verletzer zurückfordern.

Sollte sich herausstellen, dass es sich bei den Waren doch nicht um Plagiate handelt, haftet der Rechteinhaber – und er muss darüber hinaus für die Kosten, die dem Zoll durch das Festhalten der Ware entstanden sind, aufkommen.

Patentanwaltliche Beratung zur Vorbeugung von Produktpiraterie

Unsere Kanzlei kann Hersteller unterstützen, um effizient gegen Produktpiraterie vorzugehen und strategisch beraten, wie hierfür Originalprodukte zu schützen sind.

Zur Vorbeugung von Produktpiraterie beraten wir unsere Mandanten, inwieweit das betreffende Produkt schutzfähig ist und welche Produktanpassungen ergriffen werden können, um einen Patent-, Marken- oder Geschmacksmusterschutz zu erlangen.

Bei der Abwehr von Produktpiraterie unterstützen wir unsere Mandanten mit erfahrenen Rechtsanwälten bei der Erwirkung von einstweiligen Verfügungen insb. bei Messen (siehe auch Blog: Plagiate auf Messen – Verletzung von Patenten und Gebrauchsmustern), bei Grenzbeschlagnahme-Verfahren sowie bei der Geltendmachung von Auskunfts-, Schadensersatz- und Vernichtungsansprüchen.

Über Matthias Rößler:



Matthias Rößler, Patentanwalt und European Patent Attorney seit 2003, studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen. Er ist Mitgründer von karo IP. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Betreuung großer Patentportfolien und der Durchführung von zweiseitigen Rechtsbestandsverfahren vor Patentämtern und Patentgerichten, wobei seine Zusatzqualifikation als Master of Laws (LL.M.) ihn besonders für multinationale Verletzungsangelegenheiten in Europa qualifiziert.

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