Das einheitliche Patentgericht (EPG)
Das einheitliche Patentgericht befasst sich seit dem 1. Juni 2023 mit Patentstreitigkeiten - sowohl mit Verletzungsklagen als auch mit Nichtigkeitsklagen - auf europäischer Ebene.
Das Berufungsgericht des einheitlichen Patentgericht hat seinen Sitz in Luxemburg, während das Gericht erster Instanz auf drei Zentralkammern sowie auf nationale Lokal- und Regionalkammern verteilt ist. In Deutschland haben Lokalkammern in Düsseldorf, Mannheim, München und Hamburg eröffnet.
Bei den meisten bisher beim EPG eingereichten Verfahren handelt es sich um Verletzungsverfahren. Einige Nichtigkeitsklagen wurden bereits bei der Zentralkammer in München eingereicht.
Europäische Zentralkammern
Ende Juni gab der UPC-Verwaltungsausschuss bekannt, dass der dritte Sitz der Zentralkammern, neben München und Paris, in Mailand sein wird. Die Zuständigkeiten der Zentralkammern in Deutschland, Frankreich und Italien wurden nach den Sektionen der internationalen Patentklassifikation (IPC) wie folgt aufgeteilt.
Mailand wird für Patente der Sektion A (Täglicher Lebensbedarf, mit Ausnahme von ergänzenden Schutzzertifikaten) zuständig sein.
München wird für Patente der Sektion C (Chemie; Hüttenwesen) und Sektion F (Maschinenbau; Beleuchtung; Heizung; Waffen; Sprengen) zuständig sein.
Paris ist zuständig für Patente der Sektion B (Arbeitsverfahren; Transportieren), Sektion D (Textilien; Papier), Sektion E (Bauwesen; Erdbohren; Bergbau), Sektion G (Physik), Sektion H (Elektrotechnik) sowie für ergänzende Schutzzertifikate.
Die Zentralkammer in Mailand wird voraussichtlich bis Juni 2024 die Arbeit aufnehmen. Durch den Brexit mussten – für die ursprünglich in London geplante Zentralkammer – die vorgesehenen Zuständigkeiten neu geordnet und verteilt werden.
Verfahrenssprachen an den Gerichtsstandorten
Für das Berufungsgericht ist die Verfahrenssprache grundsätzlich die Sprache, die im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz verwendet wurde.
Jüngst wurde bekanntgegeben, dass die lokalen Abteilungen in Deutschland, Frankreich und Italien, neben der jeweiligen Landessprache, auch englische Verfahren anbieten werden.
Ein Überblick der Verfahrenssprachen vor den Lokal- oder Regionalkammer: hier.
Opt Out
Gegen Ende der Sunrise-Period wurde ein starker Anstieg von „Opt Out“ - Erklärungen verzeichnet.
Viele Patentinhaber bereits bestehender europäischer Patente beantragten demnach, dass die Zuständigkeiten für die Aufrechterhaltung und Durchsetzung der einzelnen nationalen Rechte weiterhin bei den nationalen Patentämtern und nationalen Gerichten liegen sollen. Nach ersten Schätzungen betrug der Anteil der Patente, die der neuen Gerichtsbarkeit entzogen wurde, knapp 40 %.
Vertreter vor dem UPC
4.469 Personen haben sich als Vertreter vor dem Einheitlichen Patentgericht beworben, die nach Überprüfung durch die Kanzlei des EPG registriert wurden. In Deutschland ist aktuell die Zahl der UPC-Vertreter (ca. 44 % aller Vertreter der teilnehmenden EU-Staaten) am höchsten.
Ein Großteil der Patentanwälte von karo IP haben das Europäische Patentstreitregelungs-Zertifikat (EPLC) erworben, welches sie als europäische Patentanwälte qualifiziert, vor dem UPC-Gericht auftreten zu dürfen und die Interessen ihrer Mandanten in Patentstreitigkeiten zu vertreten. (Zur Suche nach Vertretern)
Allgemeine Informationen zum europäischen Patent mit einheitlicher Wirkung haben wir auf unserer Webseite zusammengefasst.
Über Matthias Rößler:

Matthias Rößler, Patentanwalt und European Patent Attorney seit 2003, studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen. Er ist Mitgründer von karo IP. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Betreuung großer Patentportfolien und der Durchführung von zweiseitigen Rechtsbestandsverfahren vor Patentämtern und Patentgerichten, wobei seine Zusatzqualifikation als Master of Laws (LL.M.) ihn besonders für multinationale Verletzungsangelegenheiten in Europa qualifiziert.