RECHTSPRECHUNG

07.10.2020: Ein Erzeugnis kann als Design schutzfähig sein, für das zugleich ein technisches Schutzrecht besteht

BGH, Urt. v. 07.10.2020, I ZR 137/19 - Papierspender

Der Schutzfähigkeit eines Erzeugnisses als (Gemeinschafts-) Geschmacksmuster (bzw. „Design“) steht es nicht entgegen, dass für dasselbe Erzeugnis ein technisches Schutzrecht (z.B. ein Patent) beantragt oder erteilt wurde.

Die Ansprüche, Beschreibungen und Zeichnungen der parallelen Patentoffenlegungsschrift für ein Erzeugnis zählen zu den für den Einzelfall maßgeblichen objektiven Umständen, die bei der Prüfung zu würdigen sind, ob Erscheinungsmerkmale ausschließlich durch die technische Funktion des Erzeugnisses bedingt sind.

Die Patentoffenlegungsschrift kann Aufschluss darüber geben, welche Merkmale des Erzeugnisses die dem Patent zugrundeliegende technische Lehre verwirklichen und daher zumindest auch technisch bedingt sind. Jedoch erlaubt das Fehlen von Erwägungen zur visuellen Erscheinung des Erzeugnisses in einer Patentoffenlegungsschrift für sich genommen genauso wenig den Schluss auf die ausschließlich technische Bedingtheit eines Erscheinungsmerkmals wie das Vorhandensein von Erwägungen zu dessen technischer Funktion.

Vielmehr ist in beiden Fällen zu prüfen, ob außerhalb der Patentoffenlegungsschrift liegende Umstände auf eine visuelle Bedingtheit des betreffenden Erscheinungsmerkmals hindeuten.

Praxistipp:

Im Grundsatz wird hier die Möglichkeit bestätigt, mit unterschiedlichen Schutzrechtsarten (hier: Design und Patent) einen umfassenden Produktschutz anzustrengen.

Voraussetzung hierfür ist aber, dass die jeweiligen Kriterien, die auch einmal entgegengesetzt formuliert sein können, eingehalten werden. Es bedarf hier also auch einer Strategie, was wie in den jeweiligen Schutzrechtsanmeldungen hervorgehoben präsentiert wird.

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