RECHTSPRECHUNG

20.05.2021: X ZR 62/19
Prioritätsanspruch geltend machen / Einreichung von Nachanmeldungen zu Patent

BGH, Urt. v. 20.05.2021, X ZR 62/19 - „Bodenbelag“

Die Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts ist nicht wirksam, wenn der Gegenstand der späteren Anmeldung aus dem Inhalt der früheren Anmeldung nur aufgrund eigenständiger Überlegungen des Fachmanns hergeleitet werden kann. Hierbei ist unerheblich, ob es naheliegend war, solche Überlegungen anzustellen.

Praxistipp:

Es ist durchaus üblich, dass Anmelder für ihre internationalen Anmeldungen „Ergänzungen“ vornehmen, die so in der ersten Anmeldung nicht offenbart waren.

Solche Ergänzungen sind oft neue Beispiele, konkretere Merkmalsausprägungen oder Merkmalskombinationen oder auch Sachverhalte, die zur Abgrenzung des zwischenzeitlich bekannt gewordenen Standes der Technik hilfreich sein können.

Problematisch ist hierbei, dass (zumindest für diese Ergänzungen) riskiert wird, dass die internationalen Nachanmeldungen nicht derselbe Zeitrang wie die erste Anmeldung (Priorität) zugewiesen wird, wodurch der zur Patentfähigkeit zu berücksichtigende Stand der Technik letztendlich gefährlich erweitert werden kann.

Bei der Frage, ob die Ergänzungen bereits in der ersten Anmeldung offenbart sind, kommt es zwar nicht auf die dort formulierten Ansprüche an, sondern vielmehr ist die Gesamtheit der Anmeldeunterlagen zu würdigen. Gleichwohl macht der BGH hier klar, dass Ergänzungen, die aus der ersten Anmeldung nur angeregt werden und nicht "unmittelbar und eindeutig" als mögliche Ausführungsform der dortigen Erfindung entnommen werden können, zum Verlust des Zeitrangs führen.

>> zurück zu den Entscheidungen

Weitere Entscheidungen: