RECHTSPRECHUNG

20.10.2020: X ZR 158/18
BGH erklärt Streitpatent wegen unzulässiger Erweiterung vollumfänglich für nichtig

BGH, Urt. v. 20.10.2020, X ZR 158/18 - Zigarettenpackung

Von der Nichtigerklärung eines Patents ist abzusehen, wenn die Einfügung eines in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht oder nicht als zur Erfindung gehörend offenbarten Merkmals zu einer bloßen Einschränkung des angemeldeten Gegenstands führt.

Keine bloße Einschränkung in diesem Sinne, sondern ein Aliud, liegt vor, wenn das hinzugefügte Merkmal einen technischen Aspekt betrifft, der den ursprünglich eingereichten Unterlagen weder in seiner konkreten Ausgestaltung noch zumindest in abstrakter Form als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist.

Praxistipp:

Entgegen der strengen formalen Betrachtung einer „unzulässigen Erweiterung“ nach dem EPÜ und der damit verbundenen „unentrinnbaren Falle“, bestätigt der BGH seine Aluid-Betrachtung, wonach nur dann, wenn es zu dem nicht eindeutig ursprungoffenbarten Merkmal keine (expliziten oder abstrakten) Hinweise auf damit einhergehende technische Aspekte oder Effekte gibt, eine Nichtigkeit des Patents in Frage kommt.

Nichtigkeit kann demnach (nur) vorliegen, wenn mit der Änderung keine Konkretisierung einher geht, sondern eine Erweiterung um einen neuen technischen Aspekt, der in den ursprünglich eingereichten Unterlagen auch nicht in abstrakter Form offenbart ist.

Diese Sachlage sollte z.B. bei der Entscheidung über die Schutzrechtsstrategien in Deutschland und/oder sogar die Formulierung der ursprünglichen Anmeldeunterlagen berücksichtigt werden.

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