LEGAL DECISIONS

18.10.2022: X ZR 36/21
BGH zur Akteneinsicht während Patentanmeldeverfahren

BGH, Urteil vom 18. Oktober 2022 - X ZR 36/21

Im vorliegenden Fall ging es um eine Nichtigkeitsklage gegen ein deutsches Streitpatent, wobei als Stand der Technik auf eine deutsche Patentanmeldung P1 Bezug genommen wurde, die selbst nicht veröffentlicht, sondern nur als Teil der Akte einer nachfolgenden Patentanmeldung P2 verfügbar war, welche die (innere) Priorität der Patentanmeldung P1 in Anspruch nahm. Die Einsicht in die Akte zur Patentanmeldung P2 war dabei bereits vor dem Zeitrang des Streitpatents für jedermann frei.

Für diese Konstellation stellte der BGH klar, dass auch der Inhalt der Patentanmeldung P1 aufgrund der ermöglichten Akteneinsicht der Öffentlichkeit zugänglich war und damit als Stand der Technik herangezogen werden kann.

Praxistipp:

Vielfach wird auch von deutschen Anmeldern davon Gebrauch gemacht, dass „provisorische“ Unterlagen für eine erste frühe deutsche Patentanmeldung eingereicht werden. Durch eine „ordentliche“ deutsche Nachanmeldung, die deren Priorität beansprucht, gilt diese erste provisorische Anmeldung dann als zurückgenommen und wird daher selbst nicht veröffentlicht.

Gleichwohl hat nun der BGH klargestellt, dass auch diese „provisorischen“ Unterlagen als Stand der Technik herangezogen werden können, sobald die Nachanmeldung der Akteneinsicht zugänglich ist.

Daher sollte auch bei der Einreichung von provisorischen Unterlagen stets geprüft werden, welche Informationen dem Fachmann insgesamt offenbart werden bzw. ob alle „vertraulichen“ Informationen dort entfernt wurden.

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